Der März ist da und damit eigentlich der Frühlingsanfang, jedoch irgendwie zeigt uns dieser die kalte Schulter. Gut, zugegeben, da waren 2 – 3 Tage an denen ich fast glaubte, den Winter hinter mich gebracht zu haben, so ein Traumwetter war es, bunte Frühlingsblüher leuchteten prächtig in der Sonne, Vater Rhein glitzerte was das Zeug hielt und lockte Menschentrauben an die Promenade, aber dann hieß es wieder Kälte, Bodenfrost und Scheibenkratzen. Heute, am Monatsletzten, fegt ein gewaltiges Sturmtief mit dem schönen Namen „Niklas“ übers Land… möge es dem Winter endlich den Garaus machen!

Wir sind in der Karwoche, am Gründonnerstag wird man sich an das Abendmahl vor der Kreuzigung Jesus erinnern, Karfreitag ist der Todestag Jesu und am Sonntag nach diesem traurigen Tag feiert die Christenheit mit dem Osterfest die Auferstehung des Herrn.

Ich weiß, Sie wissen das doch, aber ich brauchte eben eine Einleitung für meinen März-Beitrag, denn ich ging schon letztes Wochenende oben an der Rochuskapelle bildlich und gedanklich dem Leidensweg Christi nach. Am Rand der Pilgerwiese längst, kommt man nämlich bei einem Spaziergang zum Aussichtspunkt „Goethe-Ruh“ (ein Pavillon, der einen faszinierenden Blick ins Rheintal gewährt) an den Mosaik-Abbildungen der 14 Stationen des Kreuzweges vom Haus Pilatus nach Golgatha vorbei.

Es ist schon eine recht fromme Atmosphäre, die einen hier oben umfängt und ihren Höhepunkt im Anblick der Rochuskapelle erreicht. Was für ein beeindruckender Bau, diese dreischiffige Kirche in neugotischem Stil, die für mich das Wahrzeichen Bingens ist, so schön leuchtet sie in ihrem weißen Außenputz, abgesetzt mit Bauteilen aus rotem Sandstein, hoch oben, weithin sichtbar, auf dem Rochusberg. Tja, und was für eine Geschichte: Erbaut 1666 zu Ehren des Pestheiligen Sankt Rochus nach einem Schwur des Binger Amtmanns Baron von Dehren, um so die Pest zu stoppen, die, aus Holland über den Seeweg eingeschleppt, auch in Bingen viele Todesopfer forderte. Weiterer Inhalt des Versprechens war, einen Rochus-Feiertag und eine jährliche Dankeswallfahrt einzuführen. Tja, versprochen ist versprochen, und noch heute findet Ende August das einwöchige Rochusfest oben auf dem Berge statt.
Ach, an dieser Stelle kann ich dann auch mal eben erklären, warum es auf dem Gelände einen Pavillon „Goethe-Ruh“ gibt: Nun, am 16.8.1814 war der große Dichter und Denker unter den Pilgern. Seine Gedanken darüber hat er in seinen Lebenserinnerungen „Dichtung und Wahrheit“ mitgeteilt. Außerdem hängt in einem Seitenschiff der Kapelle ein Gemälde von der Malerin Luise Seidler, das den heiligen Rochus mit Merkmalen Goethes darstellt. Gestiftet hat es der Meister zusammen mit der Familie Brentano.

Aber zurück zur Geschichte der Kapelle an diesem einzigartigen Ort: 1689 im Krieg verwüstet, wieder aufgebaut, dann 1795 zerstört, woraufhin man erst 1813 die Aufbauarbeiten wieder in Angriff nahm, da in diesem Jahr von den Soldaten Napoleons das Fleckfieber eingeschleppt wurde und man sich an das alte Rochus-Gelübde erinnerte. Es hat wiederum geholfen, auch wenn da nur ein recht einfaches Kapellchen errichtet wurde, in das 1889 der Blitz einschlug. Ein Jahr in dem es den Bingern durch den florierenden Weinhandel richtig gut ging, und so geizte man nicht beim Wiederaufbau des abgebrannten Bauwerks. Ja, hat er schon toll gemacht, der Kirchenarchitekt Max Meckel aus Frankfurt. Ich bin auf jeden Fall begeistert vom Gotteshaus und ganz besonders von dem Außenchor mit offener Kanzel. So Gottesdienste im Freien sind doch phantastisch, zumal in einem solch herrlichen Umfeld.

Eh, ich wieder einmal ins Schwärmen ohne Ende gerate, schließe ich mal mit diesem Tipp für einen unvergesslichen erfüllten Oster- oder Sonst-wann-spaziergang. Es ist so toll dort droben, und es gibt so viel zu sehen, sei es die Rochus- und die vorgelagerte Bethlehemskapelle, die Pilgerwiese, den Kreuzweg, das Hildegardforum, den Kräutergarten, den Pavillon „Goethe-Ruh“, den Hildegard-Altar, in dessen Sockel sich Reliquien der Heiligen befinden, herrliche Weinberge, die Inseln im Rhein, etc., etc., etc. Ach ja, nicht enttäuscht sein, wenn sie nicht in die Kirche kommen, sie ist meist nur für Gottesdienste geöffnet.

Ein frohes und gesegnetes Osterfest wünscht
die R(h)eingeschmeckte
im März 2015