Der Sommer 2017 ist Vergangenheit und das, obwohl die Tube Sonnencreme nur zur Hälfte aufgebraucht ist. Die Chancen, wie im Juni, zumindest an einigen wenigen Tagen lauwarme Sommerabende zu genießen und sich an heißen Mittagen im Liegestuhl zu sonnen, sind vorbei. Pünktlich zum meteorologischen Herbstanfang am 1. September zeigte uns auch das Wetter mit bewölktem Himmel, Regenfällen und nächtlichen Temperaturen um die 10 Grad, dass Flip Flops und Sonnenschirm eingepackt werden können.

Es bleibt die Hoffnung, dass der Oktober uns mit einem farbenprächtigen Altweibersommer tröstet. Der September ist alljährlich der Monat, in dem bundesweit am 2. Sonntag der „Tag des offenen Denkmals“ stattfindet. Viele, sonst nicht geöffnete Gebäude, die unter Denkmalschutz stehen, sind an diesem Aktionstag zur Besichtigung freigegeben. Ich nutzte die Möglichkeit, das „Haus Sickingen“, das älteste Haus in Bacharach, zu besichtigen. Das Anwesen, das Kriege und Brände überdauert hat, steht in der Oberstraße 5 und befindet sich in Privatbesitz.

Mich erwarteten nicht nur offene Türen, sondern Monsieur Jean-Marc Petit, der mit seinen Brüdern Jean-Pierre und Christian das Haus in einer Erbengemeinschaft verwaltet, empfing mich und viele weitere Besucher freundlichst und erzählte mit französischem Charme und Akzent interessante Geschichten, die sich um das Haus seiner Ahnen und das Städtchen Bacharach ranken. Fotos verdeutlichten, wie das 1420 vom Rheinschiffer Peter Ackermann erbaute Haus Sickingen sich durch die Jahre bis zum heutigen Tage verändert hat, so ist z.B. vom Ursprungsbau nur noch das steinerne Untergeschoss erhalten.

Das jetzige Fachwerk im rheinisch-gotischen Stil stammt aus dem 16. Jahrhundert, aus der Zeit, als das Gebäude sich noch im Besitz der Familie des Reichsritters Franz von Sickingen befand.
Nach dem kurzweiligen Vortrag ging es in den zauberhaften Innenhof, wo uns der Welterbegästeführer Horst Maurer erwartete. Gewandet in der historischen Arbeitskleidung eines Weinschröters erläuterte er vor der Besichtigung des rückwärtigen Kelterhauses, wie im Haus Sickingen einst von der Lese in den zum Anwesen gehörenden Weinbergen, über die Herstellung bis zum Ausschank des guten Tropfens alles unter einem Dach stattfand.

In der oberen Etage gestattete die derzeitige Mieterin der Wohnräume freundlicherweise, einen Blick von den Türen aus in das ein und andere Zimmer zu werfen (die Gebrüder Petit wohnen in Belgien und sind nur ab und an in Bacharach). Wie stil- und liebevoll eingerichtet..ach, hätte ich das Haus doch gesehen, als es zur Vermietung stand. Welch ein Traum, in so einem Schmuckkästchen der Kultur zu wohnen. Ich muss zugeben, dass schon etwas Neid in mir hochstieg und er wurde noch größer, als man uns einlud, den Garten zu besichtigen.

Oh, welch eine Idylle, welch eine Oase der Ruhe und Stille, welch zauberhaft angelegten Wandelpfade und einladende romantische Sitzplätze, welch ein Kräuterduft, und dann diese Aussicht auf den Kirchturm von St. Peter und die Dächer meines Lieblingsstädtchens Bacharach…
Wer den Garten angelegt hat, ist ein Meister seines Fachs. Kompliment!

Aber überzeugen Sie sich selbst, denn wie ich erfahren habe, ist ein Teil dieses Paradies jederzeit frei zugänglich, und in einem Zeitungsartikel der „Allgemeinen Zeitung“ vom 10.5.2016 habe ich gelesen, dass es den ein oder anderen Tag der offenen Tür geben wird und Herr Petit gesagt habe, dass er das fast 600 Jahre alte Haus, mit dem man eine „Aufgabe fürs Leben“ geerbt habe, nicht nur für sich selbst renoviert und hergerichtet hätte.

Also, ich komm auf jeden Fall wieder und sage Danke an die Besitzerfamilie des wertvollen Denkmals, die es durch ihren Einsatz möglich macht, ab und an in ein Stückchen alter Stadtgeschichte einzutauchen.

Es grüßt herbstlich
die R(h)eingeschmeckte
im kühlen September 2017