Irgendwie schreibe ich in den ersten Zeilen meiner monatlichen Beiträge immer wieder von Wetterrekorden und auch für Juli steht erneut einer an: Erstmals wurde in Deutschland die 42 Grad-Marke geknackt!! Die Stadt Lingen bricht am 25.7. den deutschen Hitzerekord von 1992 mit 39,1 Grad. Ein deutlicher Unterschied, nicht wahr? Es besteht eine enorme Belastung für Mensch, Tier und Natur, und dürfen wir den Meteorologen glauben, so ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht und die Temperaturen werden weiter steigen. Es ist bereits die 4. Hitzewelle des Sommers, und an den Ufern von Vater Rhein ist bereits an vielen Stellen sonst unter Wasser liegendes Gelände völlig ausgetrocknet.
Die Sonne grillt uns. Also, liebe Leser, geben Sie Acht auf sich, halten Sie sich im Kühlen auf und trinken Sie viel Wasser! Angesichts dieser Gluthitze, erinnerte sich mein Ehemann an eine Kindergeschichte, die mir bereits vor 2 Jahrzehnten auf unserer griechischen sonnenverwöhnten Insel Lesvos an einem heißen Sommertag in den Sinn und dann aufs Papier kam, und machte mir den Vorschlag, sie aus der dunklen Schublade zu holen und ihr nach so langer Zeit an dieser Stelle endlich einen schönen und angemessenen Platz zu geben. Eine gute Idee, denn angesichts der Wetterlage ist es mal gar nicht so abwegig, was da einst meiner Fantasie entsprang…
Aber, lesen Sie selbst:
WAS DIE DIAMANTENINSELN EINST MIT DER SONNE ERLEBTEN
Erzählt von Gabriele Podzierski ©
Dort, wo der weite, tiefe Ozean das schönste Blau hat, gibt es drei kleine Inseln mit silbernen Sandstränden, bunt blühenden Tälern und saftig grünen Hügeln. Von unvergleichlicher Schönheit sind diese Inseln, und nicht nur den Menschen, Tieren und Pflanzen gefällt es dort so wie nirgendwo auf der großen Welt, sondern auch der Sonne, und darum bleibt sie jeden Tag viele Stunden - ja, manchmal sogar bis spät in den Abend hinein - über diesen kleinen Inseln stehen und erfreut sich an der Farbenpracht. Sie hat soviel Freude an dem leuchtenden Bunt, dass sie, wenn sie dort ist, ein noch strahlenderes breites Lachen bekommt als sonst irgendwo am Himmel, ja, ein wahres Freudenfeuer sprüht aus ihrem Mund. Das kühle tiefe Meer fängt diese Sonnenfunken auf, die es alsdann den ganzen Tag funkeln und glitzern lassen.
Weil auch Edelsteine so blitzen, haben die Menschen die Inseln „Diamanteninseln“ genannt. Jede Insel trägt in ihrem Namen den Namen eines Edelsteins. Sie heißen RUBINA; SAPHIRA und JADIS. Nun, auf den Diamanteninseln also, begab es sich vor langer, langer Zeit, da brachte es die Sonne am Ende ihres Arbeitstages gar nicht fertig, sich von dem zauberhaften Anblick loszureißen. Sie dachte sich, als der Mond bereits auf dem Weg war, um sie abzulösen, sie könne immer diesen Platz am Himmel einnehmen, da sie es doch hier am aller-, allerschönsten fand. So ließ sie es, als der Moment des täglichen Wechsels mit dem Mond und der kühlenden Nacht gekommen war, einfach nicht zu, dass der Mond ihren Platz einnahm und blieb am Himmel stehen.
Der gute alte Mond schimpfte laut. Als dies ohne Erfolg blieb, erinnerte er die Sonne eindringlich an ihre Pflicht, für jeden Fleck auf dieser Welt, und sei er auch noch so hässlich, armselig und unbedeutend, da zu sein. Die Sonne blieb stur. Was sollte er machen? Jeder Kampf wäre hoffnungslos gewesen, wegstupsen konnte er die Sonne ja nicht, denn eine einzige Berührung mit der brennendheißen Kugel wäre sein völliger Untergang gewesen. Also zog er sich verzweifelt zurück, um zusammen mit den Sternen zu beten, dass die Sonne schnellstens wieder vernünftig werde. Die Sonne genoss die Aussicht in ihrem Licht: Das glitzernde tiefblaue Meer, die strahlendweiß getünchten Häuser, leuchtendrote Klatschmohnfelder, blitzweiße Margeritenbüschel und wogendgoldener Ginster.
Ein saftiges Grün, durchzogen von glucksenden klaren Quellen, vollendete dieses wunderschöne Gemälde der Natur. Die Menschen lachten, und Jung und Alt erfreuten sich an den nie enden wollenden Sonnentagen. Die Natur feierte Stunde um Stunde, Tag für Tag. Auch die Nacht war jetzt voller Leben, da sie jetzt ebenfalls taghell war.
Die unzähligen Vögel auf den Inseln reckten ihre Kehlen der Sonne entgegen und jubilierten ohne Unterlass. Bienen, Hummeln, Wespen, Libellen, Schmetterlinge und Grillen schwebten glücklich durch die Lüfte und erfüllten sie mit zufriedenem Zirpen, Brummen und Summen.
Je mehr Schönheit die Sonne erblickte, je lauter das Johlen der Kinder und der Vogelgesang wurde, umso breiter ihr Lachen. Tja, und da geschah es ab und an, dass sie sich sogar manchmal ausschüttete vor Lachen, so dass die Funken sprühten. Tausende, nein, abertausende von Funken, und schließlich so viele, dass das Meer sie nicht mehr auffangen konnte. Sie fielen herab auf die Wälder und Felder. Anfangs war es noch nicht so schlimm, als die Bäche noch genug Wasser mit sich führten und quirlig glucksend ihre Nässe in den Boden leiteten, doch mit den Tagen änderte sich das Bild: Nach und nach verschwanden die leuchtenden Farben: Die roten Klatschmohnfelder waren schwarz verbrannt, die Margeriten ließen völlig vertrocknet die Köpfe hängen, und das saftige Grün der Wiesen und Täler hatte ein verdörrtes Gelb angenommen.
Die Menschen, von der dauernden Hitze erschöpft, lachten nicht mehr, hatten schlechte Laune und suchten Kühle in ihren Häusern, die sie kaum noch verließen. Die Vögel waren zu kraftlos, um zu singen, stattdessen kauerten sie völlig ermattet mit all den anderen Tieren irgendwo im tiefen Wald, um dem gleißenden Licht und der Hitze der Sonne zu entkommen. Alle Lebewesen der Inseln hatten schrecklichen Durst, denn die unzähligen Bäche lagen inzwischen ausgetrocknet dar. Die Funken, die die Sonne bei ihrem Lachen versprühte und die nicht ins Meer fielen, konnten nicht mehr in die Bäche fallen, und überall auf den Diamanteninseln entzündeten sich Brände, die sich alsbald vernichtend durch die Schönheit der Inseln fraßen.
Das Feuer kroch bis zu den Dörfern und Wäldern, Mensch und Tier bangten um ihr Leben. Riesige stinkende Rauchwolken verdunkelten den Himmel. Jetzt, erst jetzt, erkannte die Sonne, was sie angerichtet hatte. Blitzschnell zog sie sich verschreckt vom Himmel zurück. Sofort verdunkelte es sich, und die Feuer glühten gespenstisch. Die verzweifelten Schreie der Menschen und das laute Prasseln der lodernden Flammen hallten durch die Nacht. Sie stiegen zum Himmel hinauf und wurden erhört. Der liebe Mond konnte sich schon denken, was geschehen war. Blitzschnell nahm er den Platz über den Diamanteninseln wieder ein und rief die funkelnden Sterne zu sich. Nach einigem Zureden trauten sich auch die Wolken wieder zurück, die den rettenden Regen brachten.
Alle am Himmel arbeiteten viele, viele Tage zusammen: Der Regen löschte die Brände, füllte die ausgetrockneten Bäche, durchtränkte die ausgedörrten Felder und Wiesen. Der Wind brachte den Menschen und Tieren die ersehnte Kühle. Mond und Sterne leuchteten in der Dunkelheit und schenkten Nächte, in denen sich jedes Lebewesen wieder erholen und Kraft schöpfen konnte. Es gab viel zu tun. Die zerstörten Häuser mussten aufgebaut werden, Gemüse, Getreide, Obst – alles musste neu gepflanzt werden. Aber ohne Sonne gedeiht keine Pflanze. Damit das Land wieder in seiner fruchtbaren einzigartigen Pracht erstrahlen konnte, war auch der Sonne Schein nötig. Doch die hat sich bislang nie wieder sehen lassen.
Der Mond rief die Sonne. Lange blieben seine Rufe ungehört, bis eines Tages im Dunkel der Nacht ein winziger Strahl in der Tiefe des Meeres aufblitzte. Das musste die Sonne sein. Der Mond redete beruhigend auf sie ein, wies darauf hin, dass jeder - ja, selbst die Sonne -, einmal einen Fehler machen könne. Da sie nun mal einsehe, was dadurch geschehen kann, wenn man nur sich und seinen Nutzen sieht, und das somit ja auch nicht mehr vorkäme, solle sie doch jetzt auch schnell wieder die ihr zugeteilten Aufgaben übernehmen, bevor noch Schlimmeres passiere.
Keiner würde ihr etwas nachtragen, auch nicht die, die durch ihr Verhalten einige Zeit auf der Schattenseite leben mussten und nicht die, die durch das Feuer Schaden erlitten haben. Nein, man wolle ihr verzeihen - diesen einen Fehler nach Millionen von Jahren nachsehen und sie mit Freuden wieder empfangen. Ermutigt durch das sanfte und gütige Zureden des Mondes, nahm die Sonne zögerlich ihren Platz am Horizont wieder ein. Die ersten Tage versteckte sie sich zwar noch verschämt hinter den Wolken, aber bald glitzerte das Meer, das die Diamanteninseln umspülte, wieder voller unzähliger leuchtender Sonnenflecken wie ein kostbarer Edelstein.
Doch etwas ist neu seit diesem Geschehen und erinnert tagtäglich an diese Zeit:
Jedes Mal, wenn die Sonne morgens und abends bei der täglichen Ablösung den Mond trifft, senkt sie die Augen und wird blutrot vor Scham. Glutrot färbt ihr Schein dann morgens für einige Minuten die Welt, bevor sie ihren Weg am Himmel fortsetzt. Ja, und auch abends bei ihrem Untergang ist das Meer so rot, als habe man tausende Eimer voller roter Farbe ins Wasser geschüttet, immer dann, wenn der Mond naht und sie im Meer versinkt, weil sie ihm immer noch nicht in die Augen sehen kann.
Ihr habt das bestimmt schon mal gesehen, oder?