Der erste Monat im neuen Jahr ist schon wieder vorbei… war nicht gerade erst Silvester? Erreichten uns nicht gerade erst unzählige motivierende und Kraft spendende Glück- und Segenswünsche von so vielen lieben Menschen? Tja, und gerade die haben mich auf das Thema für diesen Monat gebracht.
Spaziere ich durch die Rheinstädtchen, wie Bingen, Weiler, Bacharach, Waldalgesheim, etc. und auch durch unseren neuen Lebensmittelpunkt (Sie wissen ja, ich find dieses Wort sehr lustig) Oberdiebach, erfreue ich mich immer wieder an den Inschriften hie und da auf manch altem Gebäude. Sie lassen mich lächeln oder auch nachdenklich werden, diese kurz formulierten und doch treffenden Wahrheiten, seien es Mahnungen, fromme Sprüche, Bitten um Glück und Segen oder Lebensweisheiten. In meiner Heimat, dem Ruhrgebiet, war diese einstige Sitte, mit einer Inschrift das Haus zu verzieren, entweder nicht verbreitet, oder sie wurden in den vielen Jahrhunderten einfach entfernt oder überdeckt, statt sie zu erhalten. Für mich sind sie Kulturgüter, und ich freue mich darüber, dass so manch einer hier sie an seinem Haus belässt oder gar neu auffrischt, indem er sie farblich ausmalt.
Ist doch toll, wenn man sich zu einem Spaziergang entschlossen hat, um den Kopf frei zu kriegen von all der Hektik und den Alltagssorgen und da fällt das Auge, wie z.B. im „Malerwinkel“ im romantischen Städtchen Bacharach, auf den aufbauenden Satz: „TAUSEND FREUDEN HAT DIE WELT, NICHT NUR TAUSEND PLAGEN. WER SICH ÜBER ALLES FREUT, HAT NICHT ZEIT ZU KLAGEN.“ Na, solch ein tröstender Spruch von der Hauswand schafft doch glatt die Abwärtsspirale in den Gedanken zu stoppen und zur Gelassenheit aufzurufen.
Bei Wikipedia hab ich gelesen, dass es nach den lateinischen die deutschsprachigen Hausinschriften schon seit dem 14. Jahrhundert gibt. Beschränkte man sich mit einer Bauinschrift zunächst auf das Baujahr (z.B. ANNO DOMINI 1524), kamen dann aber beim Bauspruch schon mal Erkenntnisse wie „BOVWENT IST EIN LUST, WAT TT KOSTET HEW ICH NIT WUSST“ (Anno 1610)..wie wahr, wie wahr…
Bei den Hausinschriften wird zwischen weltlichen und religiösen Sprüchen unterschieden.
Logisch, dass man hier im Weinland nur zu gerne Zitate wählte, welche auf die wohltuende Wirkung des Rebensafts hinweisen. Na, und sollte mal die Werbung für den Wein, wie die für Zigaretten, in der Zukunft verboten werden, so hoffe ich nicht, dass diesbezügliche Hausinschriften übertüncht werden müssen. Es wäre ein schrecklicher Verlust. Vielleicht reicht ja dann ein winziges Schildchen daneben, das auf die Gefahren beim Trinken von Alkohol hinweist…
Trotz der Möglichkeit, heutzutage seine Befindlichkeiten, Gefühle und Gedanken der breiten Öffentlichkeit unbekümmert im Internet darzulegen, statt sie auf die Hauswand zu ritzen oder zu pinseln, hätte ich auch gern so eine Hausinschrift an unserem neuen alten Fachwerk-Domizil, vielleicht finde ich ja eine treffende bei meinen Spaziergängen. Bei meiner derzeitigen Stimmung würde diese den Nagel auf den Kopf treffen: „LEUTE GIBT ES, DIE SICH SCHINDEN, FÜR EIN HAUS IN DEM SIE RUHE FINDEN.“
Viel Glück bei all Ihren Vorhaben im neuen Jahr!
Die R(h)eingeschmeckte im
frühlingshaften Januar 2016