Dreiviertel des Sommers sind nun schon wieder vorbei und was kann ich schreiben über den Juli? Das Wetter war eine Achterbahnfahrt… die ersten Tage des Monats war es nahezu herbstlich, na, bis auf, dass das goldene Licht dazu fehlte. In der Monatsmitte nahmen die Temperaturen Fahrt auf und ließen das Thermometer die 34-Grad-Marke zeigen. Nach dieser extrem schwülen Hitze kam die Abkühlung durch Unwetter: Wassermassen prasselten auf uns hernieder. Das Auf und Ab ging weiter bis zum Letzten des Monats. Und, wo war unser Sommer bislang? Ich denke, er hat wohl Urlaub in Südeuropa gemacht, wo es eher schon zu heiß ist. Meine griechischen Freunde ächzen unter wochenlangen Hitzewellen weit über 40 Grad.

Nun also zu meinem wetterbedingt erst recht späten Besuch des meistbesungenen Felsens der Welt. Bislang habe ich nur von unten zu ihm hinaufgeschaut und fragte mich ein jedes Mal, wieso dieser mächtige weltberühmte Schieferfelsen bei St. Goarshausen so normal aussieht, wie ein Felsen nun mal so aussieht. Also, er ist so um die 130 Meter hoch, ein paar Bäumchen halten sich an ihm fest, und er steigt an der Innenseite einer Rheinkurve fast senkrecht auf, und zwar an der tiefsten und engsten Stelle des Stroms. Aber so ist es nun mal mit den Sagen, Legenden, Mythen und Märchen aus uralten Zeiten, sie faszinieren die Menschen seit je her und machen Orte zu Touristenmagneten, obwohl es dort nichts Besonderes zu sehen gibt.

Also, so wie ich am Binger Mäuseturm kein einziges Mäuschen zu Gesicht bekam, genau so war von der sagenumwobenen Loreley hoch droben von unten nichts zu sehen. Na, ich meine ja nicht sie selbst, aber irgendwas ihr zu Ehren, zumal nahezu alle Passagiere der Ausflugsschiffe Handys oder Kameras zücken, wenn es an dem Felsen vorbeigeht, auf dem die Schönheit gesessen haben soll, ihr langes güldenes Haar kämmte und mit ihren weiblichen Reizen und Sirenengesängen die Seeleute die Untiefen und Klippen des Stroms vergessen ließ, so dass ihre Schiffe am Felsen zerschellten und sie mit Mann und Maus untergingen. Das Motiv, dass die Touristen erhaschen? Nun ein stinknormaler Fels, mit Schriftzug und Flagge. Das war es.

Aber vielleicht wollen sie ja auch nur den Daheimgebliebenen mit den Beweisfotos ihre Enttäuschung von dem so berühmten Felsen untermauern?
Jetzt ist ja im Laufe der Jahre doch was Sehenswertes auf dem Loreley-Plateau entstanden, dass wirklich eine Reise und unzählige Fotos wert ist: Im April 2019 eröffnete der Kultur- und Landschaftspark, der die Möglichkeit gibt, dem Mythos und dem Naturdenkmal Loreley mit Freude und Begeisterung nachzuspüren und wissenswerte Kulturgeschichte zu entdecken.
Mir hat der Park sehr gut gefallen, aber bevor ich weiter berichte, möchte ich doch noch unbedingt kurz festhalten, wer der Loreley zu ihrem Weltruhm verholfen hat, und wie lange schon von der schönen Maid erzählt wird. Im Jahre 1800 hat Clemens Brentano eine traurig schöne Ballade über die Lore Lay geschrieben, die mit den Worten beginnt: „Zu Bacharach am Rheine wohnt eine Zauberin, sie war so schön und feine und riss viele Herzen hin.“ (Wenn Sie es ganz lesen wollen, einfach googeln. Es lohnt sich!). Einige Künstler haben dies als Basis für ihre Werke genommen und das Gedicht, welches Weltruhm erlangte, hat Heinrich Heine 1824 geschrieben. Über 40 Liedfassungen gibt’s davon, die populärste ist aus dem Jahre 1837 von Friedrich Silcher.

„Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, dass ich so traurig bin. Ein Märchen aus alten Zeiten, das kommt mir nicht aus dem Sinn.“
So fängt das Gedicht über die Loreley an und der Ohrwurm ist unzähligen Menschen nicht mehr aus dem Kopf gegangen und machte den unscheinbaren Felsen zum meistbesungenen der Welt. In viele Sprachen wurden die Zeilen von Heinrich Heine übersetzt, und die Vertonung von Herrn Silcher fand sogar Einzug in das japanische Kulturgut.

So, jetzt aber zum eindrucksvollen und aussichtsreichen Park, wo es von der Loreley einiges zu sehen und zu spüren gibt. Also ich habe ihn gespürt, diesen geheimnisvollen Zauber, und vielleicht geht es Ihnen auch so, wenn Sie sich auf ihre Spuren begeben und den „Mythenpfad“ durch die gestaltete Naturlandschaft beschreiten, der zur Felsenspitze führt. Es geht auf verschlungenen vegetationsreichen Pfaden durch eine Landschaft von unberührter und doch zivilisierter Naturhaftigkeit. Oder Sie wählen den Strahlenweg? Er ist zwar kürzer, aber bei weitem nicht so romantisch.

Wenn beide Wege sich zum letzten Mal treffen, kommt es zu Aussichtspunkten, die mir schier den Atem verschlagen haben. Von hier aus bewundert, wirkt die Überdosis Natur, durch die sich der Fluss malerisch schlängelt, einfach nur überwältigend.
An „Hörfelsen“ habe ich mir Geschichten über die Loreley erzählen lassen, und ich habe sie nun doch gesehen hier oben hoch über dem Rhein: Auf einem Sockel thront sie, wie auf einem Felsen, bildschön ist ihr Antlitz und ihr Haar sieht aus wie ein Fluss, in dessen Wellen Schiffe zu kentern scheinen. Toll, dieses bronzene Werk von der Berliner Bildhauerin Valerie Otte.

Tja, und dann ist ja da noch das seit der Expo 2000 bestehende Besucherzentrum, das über die Mittelrheinlandschaft, die Kultur, die Menschen der Region und natürlich über den Mythos Loreley Auskunft gibt. (Öffnungszeiten: Vom 30.3. bis 31.10., täglich von 10-17 Uhr, MONTAGS GESCHLOSSEN). So großartig, liebevoll und faszinierend werden dort die reiche Geschichte, Kultur, die Entstehung der Landschaft, das Leben am Rhein und noch so viel mehr weitergegeben. Ach ja, und einen wirklich gut bestückten Souvenirladen gibt’s dort, mit viel Literatur über die Loreley, individuellen Geschenken, wie Handwerkskunst aus der Region, Weingläser, Trinkbecher, Schals, Ansichtskarten, Handtücher und einer pfiffigen Loreley-Modekollektion.

Was gibts sonst noch für Groß und Klein? Na, da ist zunächst das Highlight: Die Sommerrodelbahn „Loreley-Bob“. Unglaublich, wie das Gefährt die 7oo Meter lange Abfahrt von der Bergstation hinuntersaust. 40 Stundenkilometer sind möglich, aber keine Bange, Sie können selbst mit Hebeln und Bremsen regulieren, wie rasant die Fahrt werden soll. Dann sind hier der Rheinsteig-Wanderweg, verschlungene Erlebnispfade, Spielplätze, Klettersteig, Fahrradwege, ein Restaurant und ein uriger Biergarten mit einem Ausblick auf den Rhein, von der man sich schwerlich losreißen kann.

Das ganze Gelände ist großartig und ideenreich angelegt. Mir hat es sehr sehr gut gefallen, und beim Anblick der Open-Air-Freilichtbühne kam mir mein Besuch im Sommer 1981 in Erinnerung, als Großmeister Bob Dylan hier ein überwältigendes Konzert gab…unvergessen. Es ist eine unfassbar beeindruckende Kulisse, die Platz für 15.000 Zuschauern bietet, und wo bereits Stars wie die Toten Hosen, Genesis, Herbert Grönemeyer, Santana, Joe Cocker u.v.m. aufgetreten sind. Zugang hat man jedoch leider nur, wenn ein Konzert stattfindet.

Wenn Sie den Felsen für einen Besuch nicht besteigen möchten (Aufstieg so ca. eine halbe Stunde), dann können Sie auch bequem mit dem Auto hochfahren, oder Sie nehmen den Shuttlebus von St. Goarshausen, in dem Sie auch Ihr Fahrrad transportieren können, wenn noch Platz genug ist.
Die Parkgebühren liegen bei 4 Euro, jedoch ist der Eintritt in diesen herrlich angelegten Park und auch ins Besucherzentrum frei!

Ach, eines noch, auf das auch der Flyer hinweist: In Vorbereitung auf die BUGA 2029 wird weiter gebaut, so dass man mit Baustellen und Bauarbeiten rechnen muss, aber Sie können sich darüber auf der Homepage des Parks informieren. Ich kann nur mit zig Ausrufezeichen schreiben, dass es ein wirklich lohnendes Ausflugsziel ist, faszinierende Ausblicke, interessante Geschichte, zauberhafte Spazierwege, tolle Fotomotive. beglückende Natur…Wieder mal ein Ort, der sich für immer in meinem Gedächtnis einschreiben wird. Ein Fehler, dass ich den Besuch jahrelang vor mir hergeschoben habe. Aber wie heißt es so richtig: Besser spät als nie!

Es grüßt die R(h)eingeschmeckte
im sehr wetterunbeständigen Sommermonat Juli 2024