Minoritenkloster Oberwesel

Ich bin spät dran mit meinem Beitrag für den März. Osterbesuch und der Beginn der Gartenarbeiten haben mich abgehalten. Worüber ich schreiben möchte, weiß ich jedoch schon lange. Auslöser waren das Gerangel und die Diskussionen darüber, dass in dem im 12.Jahrhundert erbauten ehrwürdigen Kloster Eberbach im Rheingau demnächst wohl Dieter Bohlen mit seiner DSDS-Finalshow Station machen wird. Glauben kann ich es noch immer nicht wirklich, dass dieser besinnliche Ort, diese Stätte der Ruhe und Anbetung nun durch solch ein Spektakel entweiht werden soll, aber alle Karten sollen bereits vergriffen sein. Die Verantwortlichen verteidigen ihre Entscheidung damit, dass es eine einmalige Gelegenheit sei, sich der Öffentlichkeit zu präsentieren und nun auch bei der jungen Generation ein nie da gewesenes Interesse an diesem mittelalterlichen Ort geweckt sei.


Tja, und da wusste ich, was ich unbedingt an dieser Stelle erzählen möchte, nämlich wie eine kleine Klosteranlage vorgeht, um respektvoll für 800 Jahre Geschichte zu werben.
Das Minoritenkloster in Oberwesel, 1242 von Franziskanern gegründet, wurde durch einen Stadtbrand 1836 komplett zerstört. Zunächst dienten die Ruinen armen Oberweseler Bürgern als Unterkunft, nach und nach jedoch entstand ein außergewöhnliches Wohnviertel. Inzwischen befindet sich das, was noch erhalten ist, nämlich Kirchenruine, Kreuzgang, Klostergarten und Sakristei in Privatbesitz. Die Kulturstiftung Hütte Oberwesel fördert mit zweckgebundenen Mitteln die Erhaltung der Ruine des Klosters und hat im Jahr 2012 Ton- und Lichtanlagen installieren lassen, so dass bei Dunkelheit Garten und Kirchenruine farblich bei mystischer Musik illuminiert werden. Einfach nur romantisch, faszinierend… Tja, und damit nicht genug, wird auf Wänden des ehemaligen Refektoriums dem geschichtsinteressierten Besucher das ehemalige Kloster- und Ordensleben in einer 10-minütigen beeindruckenden Multivisionsshow nahe gebracht.


Besucher am Tage finden im Klostergarten einen Platz der Ruhe und Besinnlichkeit inmitten der Stadt. Man hat sich z.B. altertümliche Gartenkunst als Vorbild für die Bepflanzung mit Rosen, Lavendel, Stauden und Blütensträuchern genommen, einen Gartenteil wurde in den 80ern mit exotischen Gehölzen umgestaltet, geschickt platzierte Kunstwerke bilden weitere fantastische Fotomotive in der ca. 2000 qm großen Anlage.

Leider kann ich an dieser Stelle zu Öffnungszeiten nichts sagen. Ich habe den Garten an einem „Tag der offenen Tür“ besucht, weiß aber, dass man Führungen im Kulturhaus Oberwesel anmelden kann. (info@kulturhaus-oberwesel.de)

Also, ich ziehe den Hut davor, wie man es hier in Oberwesel geschafft hat, mit Liebe und Respekt vor der Geschichte, Ideenreichtum und Mut zum Einsatz neuester Technik in alten Gemäuern, ein fast vergessenes mittelalterliches Kleinod zurück ins öffentliche Bewusstsein zu holen.


Und auch das Kloster Eberbach hat doch schon oft genug gezeigt, wie man würdevoll und dem musealen Charakter des heiligen Ortes angemessen, Interesse weckt und Geld für die sicherlich kostenintensive Unterhaltung der Anlage einnehmen kann, ohne Grenzen zu überschreiten. So finden dort regelmäßig klassische Konzerte statt, und die Stätte war u.a. Drehort für die Verfilmung des Romans „Im Namen der Rose“, für Filme über Martin Luther, Hildegard von Bingen, für die Serie „Pfarrer Braun“. So, ich stoppe mal, denn es ändert ja nichts mehr, und erfreue mich vielmehr daran, dass es auch andere Beispiele gibt, Oberwesel ein nahes Ausflugsziel ist (25 km von Bingen entfernt) und ich vielleicht bei einigen von Ihnen die Lust auf einen Besuch des mittelalterlich anmutenden Städtchens und seines Minoritenklosters geweckt habe.

In diesem Sinne grüßt die R(h)eingeschmeckte
im kühlen und feuchten März 2016






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